Hier bei uns explodiert gerade der Frühling – die Wiesen und Felder blühen und kein Gärtner kann so überirdisch gut sein, wie die Natur um mich herum.
Mein Gabriel ist unterdessen in die Jahre gekommen – 15 ½ um genau zu sein – und unser gemeinsamer Weg nähert sich fühlbar dem Ende. Er verlässt seine Behausung kaum noch – morgendliche Hinterlassenschaften in der Wolfshütte zeugen davon dass er, wie manch alter Mensch – seine Schließmuskeln nicht mehr 100% unter Kontrolle hat.
Wiederholt höre ich von Leuten, die ihn nicht wirklich kennen, das ich ihn „erlösen“ soll. Ich soll also ein Lebewesen erlösen, welches die normale und reguläre Menge an Futter mit Appetit 3 x täglich einnimmt und offensichtlich keine Schmerzen hat – nur weil er Nachts mitunter nicht schnell genug hochkommt um sich draußen zu lösen?
Meine Lieben – never ever. Bis jetzt haben mir alle meine Tiere gezeigt, wenn sie gehen wollten – aber nicht konnten. Und ich bin niemand der diese Verantwortung und den damit verbundenen letzten Liebesdienst ablehnen würde. Aber nicht weil ICH es nicht ertragen kann, ihn alt, lahm und gebrechlich zu sehen und Morgens seine Hütte zu säubern – sondern weil ER es vielleicht in der nahen Zukunft will und braucht.
Manchmal sitzt er im Eingang zum Wolfshaus und streckt seine Nase der Sonne und der Frühlingsluft entgegen – und er sieht friedlich aus. Friedlich, wie ein sehr alter Mensch, der sich auf die letzte Reise vorbereitet und noch jeden Atemzug Leben aus vollen Zügen inhaliert.
Wir hatten und haben eine besondere Beziehung – keine kuschelige, sondern eine seelische Verbindung auf einer sehr tiefen Ebene. Als er jünger war, musste ich nur seinen Namen denken wenn ich ihn nicht gesehen habe, weil er auf dem Grundstück unterwegs war – und im nächsten Moment stand er vor mir – wie aus dem Nichts.
Zu keinem unserer (geliebten) Hunde habe ich eine derartig ursprüngliche Beziehung wie zu Gabriel.
Wie meine Freundin Blanka einmal sagte: „Gabriel ist eine Institution in Deinem Leben. Unvorstellbar dass er mal nicht mehr da ist.“
Und das wird niemals geschehen – auf diese besondere Weise die uns verbindet, wird er immer da sein, das weiß ich. Und die Energie dieses Grundstückes für immer prägen. Wenn wir über die wichtigsten und elementarsten Beziehungen in meinem Leben sprechen – steht Gabriel ganz weit oben auf der Liste. Ein Lebewesen zu lieben und zu respektieren bedeutet eben auch, es die letzten Meter bis zur Ausfahrt mit ganzem Herzen zu begleiten – auch wenn das persönliche Schmerzen, Trauer und Ungemach bedeutet, ist diese Verantwortung für mich ein heiliges Gut…
Was mich immer wieder überrascht ist, wie viele Menschen sogar die Verantwortung für sich selbst freudig abgeben – nebst Hirn und Verstand als kostenlose Beigabe.
Ich spreche über sogenannte „Coaches“ – ein ganz und gar rechtsfreier Begriff. Da gibt’s Coaches, die können einfach ALLES coachen: Beruf, Finanzen, Beziehungen, Bewusstsein. Leider repräsentieren sie selbst keinen dieser Begriffe erfolgreich. Die Beziehung ist eine Katastrophe, beruflich gibt’s nur die Vita „Coach“ und Empathie ist ein Fremdwort.
Was die selbsternannten Gurus indes gut drauf haben, ist die Selbstvermarktung – vor allem auf den social Network Plattformen wie Facebook und Co – und das Sammeln von emsig likenden und teilenden Jüngern, die jedes Video, jeden Zoom und jede hohle Worthülse andächtig belegen – und ärgerlicherweise ständig teilen.
Unter den nervigsten Selbstvermarktern sind die schlimmsten die Narzissten.
Nicht-Liker der mit peinlich offensichtlichem Weichzeichner aufgenommen Selfies werden umgehend abgewertet, sind gar psychotisch und sowieso unbelehrbar hoffnungslose Fälle.
Die braven Jünger bekommen dafür auf jeden anbetenden Kommentar eines schwachsinnigen Posts des Coaches Herzchen-Likes – vorausgesetzt sie buchen auch emsig die kostenpflichtigen Webinare. Für alle anderen muss das „Däumchen hoch“ Zeichen schon mal reichen.
Ja und mitunter passiert es auch, dass eine der gecoachten Selbsthilfetechniken in die Versenkung rutscht – die wird in Windeseile durch eine Neue ersetzt – und munter drauf los gequasselt, egal ob man das neue Tool jetzt verinnerlicht hat, oder nicht.
Was ich dabei ganz besonders lustig finde, sind die Kommentare der Anhängerschar.
So zum Beispiel auf ein vollkommen nichtssagendes Foto eines Feldspazierganges: „Ohhhh Daaaanke das Du uns daran teilhaben lässt“ – Bitte? Bewegt Euch, geht selber raus und lasst nicht andere Eure Spaziergänge für Euch machen!
Oder auf ein (nachweislich geklautes) Zitat – natürlich ohne dem eigentlichen Autoren die gebührende Erwähnung zu schulden – : „Ich fühle mich sooo gesegnet Dich zu kennen! Darf ich das bitte bitte teilen“ oder „Sooooo viel Energie kommt da rüber! Wooow“ und: „Genau das was ich gerade gebraucht habe, woher wusstest Du nur wieder??“ Schon klar. Hellseher ist „es“ auch. Was auch sonst.
Ja und eifrigst fragen sich die Hardcore Anhänger bei jedem neuen Seminar/Webinar WIEVIEL ihrer Altlasten sie denn da wieder los lassen dürfen?
Na erstmal natürlich Euer Hirn Ihr Guten. Direkt am Eingang. Ich freue mich für jeden, der´s beim raus gehen dann doch wieder mit nimmt – die meisten lassen es leider für immer da.
Ob ich was gegen Coaches habe? Nein! Es gibt sie – die Guten, die durchaus auch wirklich lebensverändernde Impulse geben können. Das sind aber die ohne Weichzeichner vor der Linse – und sie haben das, was sie coachen und lehren, verinnerlicht und selbst erfahren.
Es sind in der Regel die Stillen – die es nicht nötig haben, jede übel riechende Blähung ihres Lebens noch als Megaerfolg zu feiern und kurz nach der Trennung zu posten “In Alleinsein und Stille liegt die Kraft“. Die seriös genug sind um dem Klientel auch klar zumachen, das das Leben zwar durchaus auch ein Wunschkonzert sein kann – aber nur mit eigenem Zutun und der Veränderung der inneren Haltung.
Nach meiner bescheidenen Lebenserfahrung muss man SEIN was man WILL – um genau das Erwünschte zu bekommen bzw. zu leben. Wie bitte kann ich eine glückliche Beziehung führen, wenn ich selbst ein liebloser Partner bin?
Deswegen gucke ich bei Coaches gut hin. Wie lebt er? Wie liebt er? Und wie ehrlich ist er. Da gibt’s doch diese Buchautorin die ein Buch über natürliche Schönheit und Anti Aging durch exotische Pflanzenkraft geschrieben hat – sich selber aber nur stark geschminkt im Web zeigt. Wenn ich authentisch bin – und das, was ich vermitteln möchte funktioniert – dann darf und sollte ich das zeigen.
In diesem Sinne – habt einen schönen Frühling!